Bischofswiesen: Einen völlig neuen Weg will die Gemeinde Bischofswiesen bei der Sanierung des Aschauerweiherbades beschreiten. Anstelle des erst im September letzten Jahres recht überstürzt beschlossenen konventionellen Umbaus des Freibades soll die Anlage nun in ein reines Naturbad umgewandelt werden. Keine chemische Keule mehr, Wassertemperaturen weit über 20 Grad allein durch Sonnennutzung, beste Wasserqualität durch mikrobiologische Reinigung, Nutzung als Eislaufflächen im Winter und: rund 2 Millionen Mark (1 Million Euro) weniger Umbaukosten im Vergleich zur bisher beschlossenen Sanierungsplanung. Bischofswiesen schickt sich an, seinem neuen Spiel- und Kurpark ein weiteres Aufsehen erregendes Vorzeigeprojekt hinzuzufügen, dessen touristische Anziehungskraft schon vorprogrammiert zu sein scheint. Ausschlaggebend für die kurzfristige Neuplanung war der von Gemeindebaumeister Hans Gruber angeregte Besuch der Gemeinderäte in Lenggries, wo ein derartiges Bad seit kurzem existiert. Die Erfahrungen, die man in dem Isar-Ort mit diesem Konzept machte, überzeugten auch die skeptischsten Gäste aus Bischofswiesen.
Ein großes Aufatmen schien durch die Reihen der Bischofswieser Gemeinderäte bei ihrer letzten Sitzung zu gehen. Nach rund 15 Jahren, in denen man sich immer wieder mit diesem Thema beschäftigt hatte, scheint sich nun endlich ein rundum zufriedenstellendes Konzept für die Sanierung des Aschauerweiherbades gefunden zu haben. Fast könnte man meinen, dass sich das langjährige Hinausschieben dieser im Lastenheft der Gemeinde ganz oben stehenden Aufgabe als positiv erweisen könnte. Denn erst heute liegen genug Erfahrungen mit den noch ausgesprochen seltenen Naturbädern vor, die nun als fundierte Grundlage für die eigene Planung dienen können.
Bei seiner Einführung in das Thema schickte 2. Bürgermeister Toni Altkofer (FWG), der durch die Sitzung führte, zunächst mögliche Nachteile eines Naturbades voraus. So sei ein Kunstbad leichter steuerbar, was Wassertemperatur, Reinhaltung und Öffnungszeiten angehe. Außerdem würde die insgesamt nutzbare Wasserfläche etwas reduziert. Und bei extremen und lang anhaltenden Hitzeperioden sei das Risiko vielleicht etwas höher, dass es Schwierigkeiten bei der Wasserregulation gebe. Mit der rein mikrobiologischen Reinigung und dem Verzicht auf eine Öl verbrauchende Heizanlage entspreche man wesentlich stärker dem Zeitgeist als mit einem Kunstbad. »Besonders wichtig war mir, dass der bisher planende Ingenieur Gadens sich spontan positiv geäußert hat.« Der Aschauerweiher und seine Umgebung böten sich für ein Naturbad an, zitierte Altkofer den Architekten. Weiter stellte der 2. Bürgermeister fest, dass ein solches Bad im Winter als Eislauffläche nutzbar sei, da das Wasser in der kalten Jahreszeit nicht mehr abgelassen werden müsse. Eine zusätzliche Attraktion für das immer besser angenommene Langlaufzentrum am Aschauerweiher.
Ein wesentlicher Vorteil sei natürlich auch die finanzielle Seite. Statt der bisher veranschlagten 5,5 Millionen DM, die sich allein auf die Sanierung der Technik und der Becken bezogen, würde die Umgestaltung in ein Naturbad nach bisherigen Berechnungen rund 3,5 Millionen DM kosten. Nach Informationen des Landratsamtes sei zudem eine Neuinbetriebnahme eines Kunstbades ohne einen Anschluss an die Kanalisation nicht mehr möglich gewesen, was noch einmal zusätzliche Kosten von rund 500 000 DM verursacht hätte. Die 2 Millionen Mark, die man jetzt unter der bisherigen Kalkulation bleibe, könne man für die bislang aus Kostengründen gar nicht berücksichtigte Gebäudesanierung verwenden. »Mancher träumt sogar schon von einem Bistro und einer Sauna«, erinnerte Altkofer sich an erste Vorgespräche der Gemeinderäte in nichtöffentlicher Sitzung.
Auf die technischen Besonderheiten des Naturbades ging dann Marktbaumeister Hans Gruber ein, der seine Begeisterung für die neue Variante der Badsanierung nicht verbergen konnte. So entfalle zum Beispiel die seiner Darstellung nach unverhältnismäßig aufwändige und teure Gründung der Kunstbecken in dem weichen Boden. »Selbst wenn das Fundament zehn Meter tief reichte, würde dennoch keine Baufirma Gewähr übernehmen, dass die Becken sich nicht doch wieder absenken«, war Gruber überzeugt. Durch den Verzicht auf Chlor und andere Chemie und die Entbehrlichkeit einer Heizanlage für das Wasser könnten die Unterhaltskosten deutlich reduziert werden. Der Bau eines Untergeschosses für die Aufnahme der für ein neues Kunstbad zusätzlich erforderlichen Technik entfalle.
Wo sich bisher das beheizte Becken befand, wird ein Becken angelegt, das als sogenannter Pflanzenfilter das Wasser reinigen und durch die geringe Wassertiefe schnell erwärmen soll. Dieser Bereich ist abgesehen von einem Mutter- und Kind-Bereich für Badegäste tabu. Der bisherige Weiher wird einen 50 Meter langen Schwimmerbereich, ein großes Erlebnisbecken und ein Sprungbecken erhalten. In Ergänzung zu dem getrennt liegenden Pflanzenfilter sind auch im Weiher selbst so genannte Regenerationsbereiche mit Pflanzenfiltern für die Wasserreinigung vorgesehen. Das Verhältnis der Badefläche zur Regenerationsfläche muss bei etwa 1:1 liegen. Die Liegewiese soll durch Aufschüttungen stärker auf den Weiher ausgerichtet werden und auch das zugehörige Waldstück wird ausgelichtet und als Liege- und Aufenthaltsbereich einbezogen.
Die Wassertemperaturen liegen nach allen Erfahrungen, die man bisher mit solchen Bädern gemacht hat, nie unter 20 Grad, berichtet Gruber. Selbst nach längeren Regenperioden erwärme sich das Wasser in kürzester Zeit auf bis zu 24 Grad. Durch die biologische Klärung hat das Wasser herausragende Qualität und auch Allergiker können dank des Verzichts auf Chemikalien wieder ins Schwimmbad gehen.
Auch die Sprecher der verschiedenen Fraktionen im Gemeinderat machten keinen Hehl aus ihrer ungeteilten Euphorie. »Glücklicherweise haben wir uns bisher nicht entscheiden können«, wies Gerd Metzendorf (CSU) auf den positiven Aspekt des ständigen Hin und Hers um das Aschauerweiherbad hin. Die bisherige Planung habe 5,5 Millionen Mark umfasst, und da sei die Gebäudesanierung noch nicht einmal dabei gewesen. »Das ist, wie wenn man in einen alten Reifen einen neuen Schlauch einzieht. Man fährt nicht besser damit.« Keine Befürchtungen hat er hinsichtlich einer möglichen Insektenplage durch die Pflanzenbereiche. Das Wasser sei sehr nährstoffarm und Insekten oder auch Amphibien hätten keine Lebensgrundlage. Man solle seiner Ansicht nach auch darüber nachdenken, wo man den schon jetzt manchmal zu kleinen Parkplatz erweitern könne. Er sprach weiter von der Möglichkeit, Abendveranstaltungen am Aschauerweiher durchzuführen. Der Fremdenverkehrsfachmann freute sich über die im Landkreis und darüber hinaus konkurrenzlose zusätzliche Attraktion, die die Gemeinde durch dieses Bad erhalte.
»Skeptisch hingefahren und begeistert zurückgekommen«, war auch das Fazit Walter Parmas (SPD) von dem gemeinsamen Lenggriesbesuch. »Dies ist keine Notlösung, sondern es wird etwas geschaffen, das gestalterisch ein Magnet im touristischen Bereich sein wird«. Und auch für Einheimische werde das Bad wieder besonders attraktiv. »Wir kommen dem verbreiteten Wunsch der Bevölkerung nach, das Bad in seiner Ursprünglichkeit zu belassen«. Parma hob weiter hervor, dass sich die Badefläche eigentlich nicht verringere und bezog diese Aussage auf die Warmwasserfläche. Durch die natürliche Gestaltung werde sich besonderes Wohlbefinden einstellen. Auch er spann den Faden weiter und hatte die Vision von Vernissagen oder einer Seebühne. Den Vertreter der Grünen, Michael Widmann, freute vor allem, dass die jetzige Planung in modifizierter Form wieder zurück weist, wie es früher mal war. Weiter mahnte er an, dass man hinsichtlich der zu erwartenden höheren Besucherzahl vorsichtig mit der Erweiterung des Parkplatzes sein solle. »Wir bauen hier ein ökologisches Bad und da betonieren wir die Sumpflandschaft zu.« Stattdessen müssse man dringend dafür sorgen, dass das Bad besser in den öffentlichen Nahverkehr eingebunden wird. Es sei einmalig, dass so ein Bad so gut wie überhaupt nicht angefahren werde, kritisierte Widmann. Paul Grafwallner (UBB) gefiel an der jetzigen Planung besonders, das anders als bei dem bisherigen Konzept der Schwimmerbereich weiterhin eine Länge von 50 Metern haben wird.
Bernhard Heitauer (CSU) sprach von einer sensationellen Entwicklung, die insbesondere Gemeindebaumeister Hans Gruber zu verdanken sei. Schon mit dem Kinderspielplatz habe er enormes Engagement gezeigt. »Und nun hat er da die entscheidende Wende gebracht, wo wir uns über Jahrzehnte solche Probleme gemacht haben«. Er plädierte weiter dafür, dass das Bad an den öffentlichen Kanal angeschlossen werden soll.
Einstimmig beschloss der Gemeinderat schließlich, die Planung in Richtung Naturbad aufzunehmen. Der Kostenrahmen hierfür liegt bei 3,5 Millionen DM (1,8 Mio. Euro). Weiter soll in die Planung die Gebäudesanierung integriert werden, wobei die Gemeinderäte den Kostendeckel bei 5 Millionen Mark (2,55 Mio. Euro) anlegten, wobei in dieser Summe ein möglicher Kanalanschluss noch nicht enthalten ist.
Holger Lotz (Berchtesgadner-Anzeiger)